Sammlung Franz Belting
Der am 17. April 1908 in Lehrte geborene Franz Belting ist in einer Zeit aufgewachsen,als die bildende Kunst eine Vielzahl von Entwicklungen und Umbrüchen erfuhr, in stilistischer Hinsicht wie beim verwendeten Material. Gleichzeitig waren Kunst und Künstler in Deutschland enormen gesellschaftlichen Veränderungen und im Nationalsozialismus Repressionen ausgesetzt, die lebensbedrohlich sein konnten. Diese spannungsvolle Situation wirkte sich unweigerlich auf die Entwicklung und die Karriere der Künstler aus.
Franz Belting, der seine Kindheit in Lehrte verbrachte und 1928 am Andreanum in Hildesheim sein Abitur gemacht hatte, war ein Kunststudium aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Familie nicht möglich. Nach der Übersiedlung 1929 nach Hannover wurde er Gebrauchsgraphiker, später Atelierleiter bei der Großdruckerei J. C. König & Ebhardt. 1932 heiratete er Gertrud Schmidt, der Sohn Udo wurde 1933 geboren, die Tochter Elke 1943.
Seinen künstlerischen Weg mußte Franz Belting in seiner Freizeit als Autodidakt finden, wobei er in den 1920er und 1930er Jahren eine Reihe moderner und avantgardistischer Künstler und Kunstströmungen in Hannover vorfand, Kurt Schwitters mit seiner Merz-Kunst, El Lissitzky als Vertreter des russischen Konstruktivismus, die "abstrakten hannover" und die Neue Sachlichkeit mit Grete Jürgens, Erich Wegner und anderen. 1930 konnte Franz Belting auf der Großen Frühjahrsausstellung im Kunstverein Hannover erste Bilder zeigen. Seine Aquarelle von 1929 weisen mit ihrem geometrisch abstrakten Stil moderne Einflüsse auf. Doch in den folgenden Jahren, vor allem während des 2. Weltkriegs, in dem Franz Belting als Soldat in verschiedenen Ländern stationiert war, arbeitete er hauptsächlich gegenständlich wie seine Naturstudien und Landschaftsdarstellungen belegen.
Nach 1945 orientierte sich Franz Belting neu und knüpfte an die abstrahierende Bildsprache der frühen Aquarelle an. Diese Notwendigkeit der Neuausrichtung betraf hauptsächlich die Generation der zwischen 1890 und 1914 geborenen Künstlern, die zur sog. "verlorenen Generation" gehören. Vor dem Nationalsozialismus waren sie stilistisch oft noch auf der Suche und noch nicht richtig bekannt, nach dem zweiten Weltkrieg wurden sie häufig von der nächst jüngeren Generation mit neuen künstlerischen Ideen überholt.
Franz Belting arbeitete zunächst mit abstrahierten Formen und reduzierter Farbigkeit in Tempera- oder Aquarellfarbe. Eine markante Veränderung setzte Mitte der 1950er Jahre ein, als der Künstler Erich Wegner (1899 - 1980) ihn auf die Arbeitsmöglichkeit mit Wachsstiften hinwies. Ein Malmaterial, das eher selten in der Kunst Verwendung findet, aber einen Bildaufbau Schicht für Schicht erlaubt, wobei Schichten auch wieder abgetragen werden können. Diese Technik wurde von ihm nun bevorzugt, wobei sich Franz Belting noch stärker in der Farbigkeit auf eine Vielzahl von Grauabstufungen sowie Braun- und Beigetöne beschränkte. Die Formen wurden in den 1950er und 1960er Jahren abstrakter und die Titel zu eigene Wortschöpfungen ohne Bedeutung. Gewisse Bezüge zur informellen Malerei lassen sich feststellen.
In den 1970er Jahren wird die Bildoberfläche deutlich geglättet, das Motiv erinnert an Konstruktionszeichnungen mit Koordinaten und lesbaren Buchstaben. Die Zeichnungen wirken kontrolliert und statisch, auch wenn sich figürliche Anklänge zeigen. In den 1980er Jahren werden die Formen ins Räumliche gesteigert und das Motiv des Fensters, das auch als Auge gelesen werden kann, ist häufiger zu finden. Die aus der informellen Malerei entwickelte sog. "Neue Figuration", etwa bei Host Antes oder Richard Lindner zeigt sich in individueller Ausprägung ebenfalls im Werk von Franz Belting.
Parallel zu seiner künstlerischen Tätigkeit engagierte sich Franz Belting ab 1945 beim Aufbau des Bundes Bildender Künstler Niedersachsen. Seit 1958 hatte er einen Lehrauftrag an der Werkkunstschule Hildesheim, wo er ab 1967 als hauptamtlicher Lehrer tätig war. 1984 erhielt er das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland. Mit der Schenkung von 110 seiner Werke 1988 an seine Geburtsstadt Lehrte ging die Gründung der Städtischen Galerie Lehrte einher, in deren Räumen seine Werke regelmäßig gezeigt werden. Franz Belting verstarb 2010 im Alter von 102 Jahren in Hannover.
Besichtigung der Sammlung:
Eine Auswahl der Werke ist im Sitzungszimmer des Rathauses (Rathausplatz 1) ausgestellt und kann nach vorheriger Anmeldung besichtigt werden. Die restliche Sammlung befindet sich magaziniert in der Städtischen Galerie Lehrte und wird in unregelmäßigen Abständen in Sonderausstellungen präsentiert.